Österreichs Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka tauscht sich mit Amtskollegen aus Tschechien, der Slowakei, Italien, Kroatien und Slowenien über hybride Bedrohungen aus
Hybride Bedrohungen und ihre Gefahr für Demokratien standen im Mittelpunkt eines informellen Treffens von Österreichs Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und seinen Amtskollegen im Format "Austerlitz+", das unter der Woche in Salzburg stattfand. Es brauche mehr Bewusstsein und Bildung sowie internationale Zusammenarbeit, waren sich Nationalratspräsident Sobotka, die Präsidentin des tschechischen Abgeordnetenhauses Markéta Pekarová Adamová, der amtierende Präsident des slowakischen Nationalrats Peter Žiga, die Präsidentin der slowenischen Abgeordnetenkammer Urška Klakočar Zupančič, der Präsident des kroatischen Parlaments Sabor Gordan Jandroković sowie der Vorsitzende des außen- und europapolitischen Ausschusses der italienischen Abgeordnetenkammer Giulio Tremonti einig.
Das Austerlitz- bzw. Slavkov3-Format besteht auf parlamentarischer Ebene seit dem Jahr 2018. Ursprünglich als trilaterales Format zwischen Österreich, Tschechien und der Slowakei gegründet, nehmen im Rahmen von Austerlitz+ themenbezogen auch weitere Länder teil. Von Juli 2023 bis Ende Juni 2024 hatte Österreich den Vorsitz inne. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zog deshalb Bilanz über die 40 gemeinsamen Aktivitäten im vergangenen Jahr und verabschiedete sich angesichts seines Ausscheidens aus der Politik im kommenden Herbst von seinen Kolleg:innen.
Austausch über Umgang mit hybriden Bedrohungen
Alle Staaten seien durch hybride Bedrohungen verletzlich und hätten Schwachstellen, strich Josef Schröfl, Cybersicherheitsexperte beim European Centre of Excellence for Countering Hybrid Threats in Helsinki, hervor, der mit einem Impulsvortrag ins Thema einführte. Es brauche daher eine ehrliche Analyse im Dialog mit der Bevölkerung. Denn die Verteidigung gegen hybride Bedrohungen sei eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Es brauche Bewusstsein, Resilienz und eine aktive Politik aller Staaten, um Europa zu verteidigen, so Schröfl.
Vielen Menschen sei nicht bewusst, welche Gefahren von hybriden Bedrohungen ausgehen, sagte auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Er zeigte sich insbesondere besorgt über Cyber-Attacken in Kombination mit Desinformationskampagnen - nicht zuletzt im Vorfeld von Wahlen. Sobotka forderte mehr Bewusstsein und Bildung in diesem Bereich. Das österreichische Parlament leiste hier unter anderem mit der Demokratiewerkstatt einen Beitrag, so der Nationalratspräsident. Er sprach sich auch dafür aus, der Herausforderung mit internationaler Zusammenarbeit zu begegnen, und strich die Arbeit des European Centre of Excellence for Countering Hybrid Threats hervor.
Die Präsidentin der slowenischen Abgeordnetenkammer Urška Klakočar Zupančič betonte, dass ihr Land ebenso anfällig für hybride Bedrohungen wie alle anderen Länder sei. Sie sprach sich für eine Verankerung des Themas in den Lehrplänen an Schulen und einen stärkeren Dialog mit der Bevölkerung aus. Ein Anliegen sei ihr außerdem, gemeinsam stärker gegen Hatespeech vorzugehen.
Ihre tschechische Amtskollegin Markéta Pekarová Adamová pflichtete ihr bei: Es sei wichtig, zu zeigen, dass Hatespeech ebenso wie physische Gewalt nicht legal sei. Um resilienter gegen hybride Bedrohungen zu sein, habe das tschechische Parlament unter anderem Trainings für alle Mitarbeiter:innen implementiert. Es gehe aber auch darum, als Gesellschaft wehrhaft gegen Desinformation zu sein. Dafür brauche es das Vorgehen gegen Propaganda und Fake News sowie starke, unabhängige Medien, sagte sie. Nationalratspräsident Sobotka sprach sich in diesem Zusammenhang erneut für eine Regulierung von großen Kommunikationsplattformen aus.
Peter Žiga, der amtierende Präsident des slowakischen Nationalrats, zeigte sich ebenso überzeugt, dass hybride Bedrohungen und Hatespeech Hand in Hand gehen. Auch das Attentat gegen den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico habe seine Wurzeln in Hatespeech gehabt. Deshalb werde nun ein neues Gesetz dagegen eingeführt. Der italienische Abgeordnete und Vorsitzende des außen- und europapolitischen Ausschusses Giulio Tremonti setzte die Thematik in einen historischen Kontext und wies darauf hin, dass gesellschaftliche Umbrüche auch in früheren Zeiten aus unterschiedlichen technologischen und politischen Entwicklungen resultiert seien. Er sprach sich daher dafür aus, alle Aspekte miteinzubeziehen, die bei komplexen, hybriden Bedrohungen zusammenspielen.
Debatte über EU-Integration des Westbalkans
Der kroatische Parlamentspräsident Gordan Jandroković plädierte wie seine Amtskolleg:innen für mehr Bildung und internationale Kooperation. Er verknüpfte die Herausforderung durch hybride Bedrohungen mit einem weiteren Thema, das dem Gremium ein Anliegen ist: dem Westbalkan. Die Region sei sehr fragil und daher anfällig für Desinformation und hybride Bedrohungen. Hier gelte es, wachsam zu sein, damit der Annäherungsprozess an die EU nicht unterwandert wird, so Jandroković.
Seine slowenische Amtskollegin Urška Klakočar Zupančič pflichtete ihm bei. Slowenien werde die Westbalkanländer weiterhin aktiv auf ihrem Weg in die europäische Union unterstützen, versicherte sie. Die tschechische Parlamentspräsidentin Markéta Pekarová Adamová zeigte Verständnis dafür, dass manche Staaten am Westbalkan vom Integrationsprozess frustriert seien. Die Anstrengungen würden sich aber auszahlen, sagte sie mit Blick auf den Beitritt ihres Landes. Der amtierende Präsident des slowakischen Nationalrats Peter Žiga stellte in Frage, ob die Europäische Union noch attraktiv für die Westbalkanländer sei. Giulio Tremonti aus Italien sprach sich für einen neuen europäischen Zugang aus.
Die Anstrengungen für den Westbalkan müssten weitergehen, resümierte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Er brachte abschließend seine Hoffnung zum Ausdruck, dass auch unter dem aktuellen tschechischen Vorsitz des Slavkov-Formats ein regelmäßiger Austausch zu diesen Themen auf parlamentarischer Ebene stattfinden werde.