Zuhörer des Poesiomaten am Wenzelsplatz können sich auf zwanzig einzigartige Kompositionen freuen, die mit der Geschichte und Gegenwart verbunden sind

Am unteren Ende des Wenzelsplatzes gibt es nun eine besondere Klanginstallation: den Poesiomaten. Das röhrenförmige Gerät spielt auf Knopfdruck Gedichte, historische Reden und Lieder ab, die mit dem Ort verbunden sind. Seit 2015 bringt der Verein „Piána na ulici“ Poesiomaten an öffentliche Plätze – nun auch an einen der bedeutendsten Orte der tschechischen Geschichte.
Es erinnert an ein Entlüftungsrohr eines Schiffes oder einer U-Bahn. Es hat eine Kurbel, und nach dem Drehen singt es und erzählt von dem Ort, an dem es steht. Am unteren Ende des Wenzelsplatzes wurde am Dienstag der Poesiomat eingeweiht. Das Klanggerät bietet den Zuhörern zwanzig authentische Aufnahmen. Darunter sind unter anderem Gedichte von Karel Šiktanec oder Vítězslav Nezval sowie Aufnahmen historischer Ereignisse des 20. Jahrhunderts, die sich am Wenzelsplatz ereigneten.

Seit 2015 platziert der Verein „Piána na ulici“ des Gründers Ondřej Kobza Poesiomaten in ganz Tschechien. „Während der erste Poesiomat auf dem Platz der Friedensprozesse hauptsächlich ein Jukebox für Poesie war, bietet er heute ein breites Spektrum an Klangformen: von Gedichten und Liedern bis hin zu Archivaufnahmen und Erzählungen von Zeitzeugen oder authentischen Geräuschen“, erklärte Ondřej Kobza. Der Prager Wenzelsplatz war nach Kobza einer der ersten Orte, an dem er seinen Poesiomat aufstellen wollte. „Es war jahrelange Arbeit, deshalb bin ich jetzt wirklich froh, dass unsere bereits legendäre Röhre endlich hier steht und somit einen kleinen Kontrapunkt zum monumentalen Denkmal von Myslbek bildet. Wir hoffen, dass sich die Menschen ähnlich wie am Reiterstandbild (U koně) treffen, nun aber vielleicht auch am Poesiomat“, fügte er mit einem Lächeln hinzu.

Zuhörer des Poesiomaten am Wenzelsplatz können sich auf zwanzig einzigartige Kompositionen freuen, die mit der Geschichte und Gegenwart verbunden sind. Der Poesiomat erzählt die Geschichte eines der bedeutendsten Orte der tschechischen Geschichte mithilfe von Ausschnitten aus Erzählungen, historischen Reportagen, Liedern und Gedichten. Er bietet den Zuhörern unter anderem die Ansprache, mit der die Tschechoslowakische Republik 1918 am Wenzelsplatz ausgerufen wurde, eine authentische Aufnahme der Rede von Klement Gottwald, die mit den Worten „Ich komme gerade vom Schloss“ im Februar 1948 beginnt, die letzten Worte von Jan Palach oder eine Aufnahme der Rede von Václav Havel sowie den allerersten Auftritt von Marta Kubišová nach 20 Jahren Auftrittsverbot im November 1989.

Neben Prag stehen Poesiomaten in zahlreichen weiteren tschechischen und internationalen Städten. Gedichte oder Lieder erklingen aus Geräten auf den Straßen in der französischen Hauptstadt Paris, dem irischen Dublin, dem deutschen Heidelberg oder dem amerikanischen Buffalo. Ein Poesiomat steht auch auf einem einsamen Kamm des Erzgebirges. Dieser wurde im September letzten Jahres im Dorf Königsmühle in Zusammenarbeit des Vereins „Piána na ulici“ und dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds aufgestellt.