Die erste Ausgabe der „lidovky“ erschien am 16. Dezember 1893 in Brünn
Die Mafra-Gruppe, Herausgeberin der Lidové noviny (LN), hat bekannt gegeben, dass sie Ende August die gedruckte Ausgabe der ältesten noch erscheinenden Tageszeitung Tschechiens einstellen wird. Die Online-Version der Lidové noviny, auch kurz „lidovky“ genannt, bleibt jedoch bestehen.
Mafra begründet den Schritt mit den Entwicklungen moderner Technologien sowie den steigenden Papier- und Vertriebskosten. Das Ziel ist es jedoch, die Marke Lidové noviny in einer modernen Form zu erhalten. Der Verlag führt derzeit Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern über ihre Zukunft. Rund 40 Personen werden durch die Schließung der gedruckten Tageszeitung ihren Arbeitsplatz verlieren, berichtete der Nachrichtenserver e15.
Laut dem tschechischen Verlegerverband (Česká unie vydavatelů) hatte LN im Mai dieses Jahres durchschnittlich 123.000 Leser pro Ausgabe und war damit die fünft meistgelesene überregionale Tageszeitung in Tschechien. Vor einem Jahr lag die Leserschaft noch bei 155.000 und vor fünf Jahren bei 209.000 pro Ausgabe. Dieser Rückgang ist Teil eines allgemeinen Trends, der alle Print-Tageszeitungen betrifft.
Lidové noviny kann auf eine lange und bedeutende Geschichte zurückblicken. Die erste Ausgabe erschien am 16. Dezember 1893 in Brünn. Ihre Blütezeit erlebte die Zeitung während der Ersten Tschechoslowakischen Republik, als namhafte tschechische Schriftsteller wie Karel und Josef Čapek sowie Eduard Bass zu ihren Herausgebern gehörten. Bass wurde später Chefredakteur der Zeitung. 1989, während der Samtenen Revolution, wurde die wiederbelebte Lidové noviny zu einem Symbol der Freiheitsbewegung.
Gegründet wurde Lidové noviny von Adolf Stránský, einem Rechtsanwalt und Journalisten, der später der erste Handelsminister der unabhängigen Tschechoslowakischen Republik wurde. 1920 eröffnete die Zeitung eine Zweigstelle in Prag und expandierte später in weitere tschechische Städte. 1924 übernahm Ferdinand Peroutka die Position des Chefredakteurs, die er auch nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Zeitung drei Jahre lang als Svobodné noviny erschien, innehatte. 1952 wurde die Veröffentlichung von Lidové noviny vom damaligen kommunistischen Regime eingestellt.
Mit der Einstellung der Druckausgabe endet ein bedeutendes Kapitel in der Geschichte der tschechischen Medienlandschaft. Die Marke Lidové noviny bleibt jedoch online bestehen und wird versuchen Ihre Tradition in digitaler Form fortzusetzen.